Leseliste 15. Dezember 2019 – andere Medien, andere ThemenMusik und Umwelt, Instagram-Cyborgs, Food-Dekade und Zürich

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Jede Woche liest die Redaktion das Internet leer, um sonntäglich vier Lesestücke empfehlen zu können. Artikel, die interessant, relevant oder gar beides sind – und zum Glück abgespeichert wurden.

Vinyl 2015 lead NEW

Foto: Thaddeus Herrmann

Musik und Klima

Der Energieverbrauch der Streaming-Branche und somit ihr Beitrag zur Klimaveränderung war eines der großen Themen der vergangenen Monate. Wie viel Strom muss erzeugt werden, damit ein Film von den Netflix-Servern bei uns auch dem Rechner landet und angeschaut werden kann? Wie viel CO2 entsteht, wenn man Musik nur noch streamt und nicht mehr nur einmalig herunterlädt? Die Debatte ist schwierig, weil zu viele unscharfe Komponenten eine entscheidende Rolle spielen. Da macht es viel mehr Sinn, sich generell über den Musikkonsum der Zukunft Gedanken zu machen, neue Formate und nachhaltigeres Handeln. Kyle Devine hat genau das getan, in seinem Buch „The Political Ecology Of Music“. Und im Spex-Interview einige seiner Thesen und Vorschläge erklärt. Warum ist die Schallplatte immer noch aus Öl? Warum gibt es keine Fairtrade-Initiative in der Musikindustrie? Und: Verändert das Streaming wirklich unsere Beziehung zur Musik?

„Vor einigen Jahren hatten Menschen keinen unmittelbaren Zugriff auf die gesamte Musik der Welt, sie ließen nicht beim Putzen permanent YouTube-Videos im Hintergrund laufen. Es gab verschiedene Arten, mit Musik umzugehen, und verschiedene Arten, Musik zu hören. Das soll nicht heißen, dass die Menschen in der Vergangenheit richtig Musik gehört haben. Und es bedeutet nicht, dass die Leute heute nicht wirklich Musik hören. Aber vielleicht brauchen wir neue Ansätze, die eine andere Art des musikalischen Engagements fördern.“

„Ohne Energie und Arbeit könnte es Streaming nicht geben“

Instagram-Gesicht

Die Journalistin Jia Tolentino hat für den New Yorker die Wechselwirkungen zwischen Instagram, virtuellen Filtern wie FaceTune, plastischer Chirurgie und derzeit stark angesagten Injektionen wie Lip Filler untersucht. Die Milliardenbranche der Schönheitschirurgie boomt. Um wie Kim Kardashian oder Kylie Jenner auszusehen, sind Operationen fast zwangsläufig. Derweil entsteht durch Instagram definiert ein Idealgesicht, das mittlerweile eher an Cyborgs erinnert und kaum noch was mit humanen Wesen zu tun hat. Vielleicht denken in 20 Jahren wirklich nur noch an das Jahrzehnt des Instagram Face, wenn wir an die Zehner zurückdenken.

According to the American Society of Plastic Surgeons, Americans received more than seven million neurotoxin injections in 2018, and more than two and a half million filler injections. That year, Americans spent $16.5 billion on cosmetic surgery; ninety-two per cent of these procedures were performed on women. Thanks to injectables, cosmetic procedures are no longer just for people who want huge changes, or who are deep in battle with the aging process—they’re for millennials, or even, in rarefied cases, members of Gen Z. Kylie Jenner, who was born in 1997, spoke on her reality-TV show “Life of Kylie” about wanting to get lip fillers after a boy commented on her small lips when she was fifteen.

The Age Of Instagram Face

Das war die Food-Dekade

Und was war so in Sachen Food los im letzten Jahrzehnt? Der Guardian blickt zurück auf eine Dekade, in der das Thema Esskultur geradezu explodiert ist – von Streetfood und Supperclubs über Lieferdienste und Avocado-Bowls und Kurkuma-Drinks bis hin zur Komplett-Instagrammisierung des Essens. Tim Hayward, Food-Autor und Gastronom, mit einem Schnelldurchlauf durch zehn Jahre, in denen aus Essen von einer Lebensnotwendigkeit bzw. einem persönlich-privaten Genuss ein gesamtgesellschaftliches Statement mit teils religiösen Zügen geworden ist.

As the decade ends, you are less likely to read a post about the joy of melted butter on pasta than you are about the credentials of a vegetarian, vegan, or “alternative meat” product.

From Avocados To Instagram: The Decade In Food

Perfektes Zürich

Die Autorin Solmaz Khorsand ist von Wien nach Zürich gezogen. Keine große Sache – dachte sie sich. Immerhin liegt Zürich auch im Alpenland, wenn auch mit mehr Geld auf den Konten und reichlich Kokain im Abwasser. Aber sie sollte sich irren. Diesen Irrturm hat sie in der ZEIT verschriftlicht und Zürich kurzerhand charakterisiert – milde ausgedrückt. Ganz ohne Scham, dafür mit Charme, Witz und Wortgewandheit. Ein Text fürs Amüsement.

Modisch habe ich, wie alle Fremden in der Stadt, meine Garderobe auf die allgemeine Uniform umgestellt: den monochromen Gore-Tex-Chic.

O du perfektes Zürich, wie sehr ich dich verachte

Wochenend-WalkmanDiesmal mit Oliver Doerell, Akasha System und OG Keemo

Die Wissenschaft der AusbeutungUnderstanding Digital Capitalism IV | Teil 5