Das politische Buch des Jahres 2018In eigener Sache: Timo Daum gewinnt renommierten Buchpreis der Friedrich-Ebert-Stiftung
14.3.2018 • Gesellschaft – Text: Ji-Hun KimDie Jury: „Das Buch ist ein Appell, kritisch zu denken und politisch zu handeln, um den demokratischen Gestaltungsanspruch zu verteidigen.“
Vor drei Jahren kam unser befreundeter Autor Timo Daum mit einer Idee in unsere Redaktion. Er wollte eine Textreihe für Das Filter verfassen. Es soll um digitalen Kapitalismus gehen, meinte er – viel mehr außer ein paar Gedankenkonstrukten war bis dahin aber noch nicht vorhanden. Wir freuten uns natürlich über das Thema und arbeiteten so gemeinsam das Konzept für unsere Themenreihe „Understanding Digital Capitalism“ aus, die mittlerweile schon in der dritten Staffel erscheint. Die wunderschönen und subtil-witzigen Illustrationen unserer Artdirektorin Susann Massute sind seither ebenfalls elementarer Bestandteil jedes Beitrags. „Understanding Digital Capitalism“ wurde zu einer elementaren Themenreihe für Das Filter.
Einige Zeit später, nachdem die erste Staffel erfolgreich verlief, kam Timo mit der Idee, aus den Texten ein Buch zu machen. Es lag ja auf der Hand und wir versuchten auch zunächst das Buchprojekt gemeinsam zu realisieren. Jedoch war klar, dass das Buchgeschäft mit sehr eigenen Regeln funktioniert und ein DIY-Projekt der Sache auch nicht richtig gerecht werden würde. Aber wer könnte so ein Projekt realisieren wollen? Viele renommierte Verlage haben das Buchmanuskript abgelehnt. Schließlich war aber der Hamburger Verlag Nautilus mutig genug, das Debüt unter dem Titel „Das Kapital sind wir. Zur Kritik der digitalen Ökonomie“ 2017 zu veröffentlichen. Die Friedrich-Ebert-Stiftung hat diesen Titel nun mit dem Preis für das politische Buch 2018 ausgezeichnet. Das Buch sei ein „Appell, kritisch zu denken und politisch zu handeln, um den demokratischen Gestaltungsanspruch zu verteidigen“. Zu den bisherigen Preisträgern gehören Thomas Piketty, Robert Menasse, Carolin Emcke, Richard Sennett, Václav Havel, Helmut Schmidt und viele mehr. Es ist zweifelsohne eine große Ehre, die Timo Daum hier zuteil wird, und wir freuen uns natürlich sehr über diesen Erfolg. Gratulation! Wir sind ein bisschen stolz. Lest unten die offizielle Jurybegründung.
Jurybegründung:
Unser Alltag wird mehr und mehr durch die digitale Technologie bestimmt. Für Gesellschaft, Wirtschaft, Politik, ja jede/jeden Einzelne_n ist ein Leben ohne digitale Kommunikationsmittel undenkbar. Timo Daum zeigt eindrücklich, wie rasant die Digitalisierung nicht nur zum (mit)bestimmenden Wirtschaftsfaktor geworden ist, sondern wie sie auch unser Handeln, Denken und Fühlen verändert hat. Er greift Gedanken von Karl Marx auf, der dem Kapitalismus eine ungemeine Kraft zur Umwälzung bescheinigt hat. Diese Kraft misst Daum auch dem "digitalen Kapitalismus" zu – einer neuen Form des Kapitalismus, die die Gesellschaft und die Politik mehr und mehr beherrscht. Nicht mehr nur die Produktion industrieller Waren schafft die Grundlage für Kapitalvermehrung, sondern die Macht über Daten und ihre algorithmenbasierte Nutzung durch allgewaltige Internet-Monopolisten. Die Verdichtung von Datenmengen und die weltweite Mitarbeit der "Prosumer" in sozialen Netzwerken bilden den Stoff, der als Grundlage für Kapitalvermehrung, Einfluss und Macht dient.
Timo Daum stellt diese Gefahren sachlich dar und warnt gleichzeitig eindrücklich vor den Folgen einer Machtballung, die sich jeder Kontrolle zu entziehen vermag. Er beschränkt sich nicht auf die Kritik der digitalen Ökonomie, sondern entwickelt mutige Gedanken zur positiven Nutzung von Technologien und Daten für eine selbstbestimmte Gesellschaft, die sich nicht mehr allein dem vom Kapitalismus missbrauchten Arbeitsethos verpflichtet fühlt.
Das Buch ist ein Appell, kritisch zu denken und politisch zu handeln, um den demokratischen Gestaltungsanspruch zu verteidigen. Der Autor überzeugt mit seiner faktenreichen Argumentation und seinen pointierten Aussagen. Ein besonderer Verdienst liegt in der durchgehend verständlichen Vermittlung dieses komplexen Zukunftsthemas.