„Ich brauch mehr Druck!“Text-Editor inszeniert Schreiben als ultrahektischen Produktionszwang
7.3.2016 • Internet – Text: Ji-Hun KimDie gefährlichste Schreibmaschine der Welt.
The Most Dangerous Writing App nennt sich dieser Webseiten-Text-Editor des Neurowissenschaftlers und Softwaredesigners Manuel Ebert. Jeder, der einmal Texte produzieren musste, kennt den Zustand des Zeitdrucks, so wie das ikonische, oft verschriene „leere Blatt“. Eberts Text-Editor lässt den Autoren ein Zeitfenster aussuchen (5-60 Minuten) und nun kommt der Clou: Der Schreiber muss ab dem Zeitpunkt permanent tippen. Denn egal wie weit ein Aufsatz oder Gedicht gediegen ist, setzt der Texter für nur fünf Sekunden aus, wird alles, was zuvor geschrieben wurde einfach gelöscht. Das ist brutal und kompromisslos. Für wissenschaftliche Essays ist so ein Tool mit Sicherheit kontraproduktiv. Geht es aber vielleicht um Brainstorming und das Finden eines guten Slogans, könnte so was im Team nicht ganz unspannend sein. Aber ehrlich, noch mehr Stress auf freiwilliger Basis brauchen unter Umständen nur Workaholic-Masochisten. Ambient-Services wie Noisli sind uns persönlich lieber. Notorisch faulen Tippern ließe sich aber ein bisschen Zunder unterm Hintern anmachen. Und wir fragen uns, ob vielleicht der Springer-Verlag das Tool als Standardschreibmaschine für ihre Social-Media-Abteilung nicht schon längst eingeführt hat.