Neue Vinyl-KriseFeuer bei Apollo bringt die Schallplatten-Branche in die Bredouille

Schallplatten

Seit vielen Jahren thematisieren wir immer wieder die Schallplatte. Ihre Herstellung, den analogen Hype in eigentlich digitalen Zeiten, das Erbe, den Realitäts-Check. Nun ist ein essenzieller Teil der Wertschöpfungskette in Flammen aufgegangen. Bei Apollo in Kalifornien, einem von weltweit nur noch zwei Herstellern von Lacquers, den Master-Folien für die Vinyl-Produktion, ist ein Feuer ausgebrochen.

Nach ersten Medienberichten hat das Unternehmen die Katastrophe mittlerweile bestätigt. In einem Statement heißt es, das Feuer habe sowohl die Produktionsstätten als auch die Lagerhallen erfasst, der Schaden sei „katastrophal“, die Zukunft „ungewiss“.

Um Schallplatten herzustellen, braucht man Master Discs. Auf die wird die Musik „geschnitten“ und dann im Presswerk weiterverarbeitet. Diese Master Discs werden in zwei unterschiedlichen Verfahren hergestellt: als „Lacquer“ oder als „DMM“-Folie, im Direct-Metal-Mastering. Der Lacquer ist das den Markt beherrschende Format – und scheint nach dem Brand so gut wie tot. Konkret handelt es sich um eine dünne mit Lack beschichtete Aluminium-Scheibe. In diesen Lack wird im Schneidestudio mit einem Stichel die Rille aufgebracht. Im Presswerk entstehen aus dieser Master Disc dann nach einem aufwendigen Galvanik-Prozess die so genannten „Stamper“, Matrizen, mit denen die Schallplatten gepresst werden.

Zwar führt das andere Verfahren – DMM, also Direct Metal Mastering – kein wirkliches Nischendasein bei der Herstellung von Schallplatten. Die Marktanteile sind jedoch klar verteilt. Apollo war der Platzhirsch der Lacquer-Produktion. Neben des US-amerikanischen Firma stellt nur ein weiteres Unternehmen diese Folien her – MDC in Japan. In unserer großen Vinyl-Geschichte sagte Mastering Engineer Andreas Lubich bereits 2015: „Es gibt aktuell noch zwei Firmen weltweit, die die Master-Folien herstellen. Eine dieser Firmen ist ein Ein-Mann-Unternehmen in Japan, ein alter Herr, der die Folien in seiner Garage produziert. Exzellente Qualität, aber wer weiß, wie lang er das noch machen wird und vor allem will? Wenn man mit ihm in Kontakt ist, versuchen wir immer, so viele Folien wie möglich zu bestellen, auf Vorrat. Man weiß nie so genau, wann man ihn wieder erreicht. Die andere Firma sitzt in den USA, von dort wird ein Großteil des Marktes bedient. Wir haben es also praktisch mit einem Monopol zu tun. Sowas ist nie gut für's Geschäft.“

Neben den Master Discs war Apollo auch ein wichtiger Hersteller der Stichel, mit denen die Musik auf die Folien geschnitten wird. Nun muss die Vinyl-Branche mit genau dieser Situation umgehen. Was das bedeutet? Aktuell schwer abzuschätzen.

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