Plattenkritik: Kolorit – Lose Ideen (Workshop)Unter dem Pflaster liegt der Dancefloor
12.12.2025 • Sounds – Text: Thaddeus Herrmann
Lowtec und Kassem Mosse renken den techno wieder ein.
Aus der entfernten Ferne war 2025 ein ereignisloses Jahre der Techno-Geschichte. Ich mag damit falsch liegen. Ich krieche dann 2026 zu Kreuze. Es ist zu viel passiert, was hier nicht hingehört, bei mir aber doch reichlich Fragezeichen hinterlassen hat. Aber: Es gibt einen Unterschied zwischen „Szene“ und Musik. Reden wir also über die Musik. Die von Lowtec und Kassem Mosse. Denn die beiden Producer haben neue Tracks veröffentlicht.
Jens Kuhn, (Lowtec), und Gunnar Wendel, (Kassem Mosse), sind für mich über alle Zweifel erhaben. Wenn sie wollen, zerlegen sie mit nur einem Groove und einem Chord den Dancefloor so heftig, dass sich alle gefeierten und gebuchten Beatmaker:innen schnellstens ins Trainingslager zurückziehen. Doch das Tolle an Lowtec und Kassem Mosse ist ja, dass sie genau das meistens gar nicht wollen, den Dancefloor zerlegen. Das habe sie längst hinter sich und arbeiten stattdessen lieber an ihrem Katalog, an der Bereitstellung von Ideen, die auf genau das einzahlen, was Techno einst so einzigartig, wichtig und zukünftig machte. Sounds, Welt, und wie das nicht nur zusammenpassen, sondern die Gemengelage auch wirklich verändern könnte. Alte Schule durch und durch. Grandseigneurs der Urknall-Idee zwischen Beats und Klang. Als „Kolorit“ sind sie gemeinsam eher selten unterwegs. Umso besser, dass es nun sechs neue Stücke gibt.
Natürlich werden das alle feiern. Oder zumindest respektvoll abnicken. Was mich wieder auf den Widerspruch zwischen „Szene“ und Musik bringt. Hier rummst nichts, hier wird nicht geballert, Drops sind weit weg. Zum Glück. Denn es sind genau diese Platten, die den Glauben an ein besseres Morgen aufrecht erhalten. Lose Ideen eben, in einen Ring geworfen, der schon lange keine nachvollziehbare Identität mehr hat, aber immer noch heftiger pumpt, als TikTok Likes generiert. Virale Skizzen, aus denen Welten entstehen, deren Wurzelwerk nachhaltiger ist, als das Selfie vor dem Berghain. Ruff und auf den Punkt. Wer das mixt, ist wirklich DJ. Ich will keine Hände, sondern Tränen sehen. Und „Lose Ideen“ ist ein Sturzbach der Gefühle und Emotionen.













