Zum Glück, könnte man sagen. Denn auch wenn das Genre des Konzertfilms noch lange nicht ausgestorben ist: Wer will das denn heute noch sehen!? Hat sich die Tour-Begleitung von Bands nicht in Echtzeit auf die sozialen Netzwerke verschoben? Spielen Bands nicht ohnehin mehr Gigs denn je? Braucht es diese minutiös orchestrierte Art der Nachbereitung überhaupt noch? The National denken offenbar: nein. Auch wenn das nicht so geplant war. „Mistaken For Strangers“ ist eigentlich die Geschichte eines Brüderpaars. Matt Berninger, Sänger der Band, engagiert seinen Bruder Tom als Roadie. Und hat keine Ahnung, dass der den Job vor allem annimmt, um das Tour-Leben der Band mit der Videokamera zu dokumentieren. So wandelt sich der Film sehr schnell zu einer sehr persönlichen Auseinandersetzung zwischen den beiden unterschiedlichen Brüdern. Denn Tom bewundert seinen erfolgreichen Bruder, fühlt sich gleichzeitig aber auch übersehen, vergessen. Und da auf Tour die Nerven sowieso kategorisch blank liegen, sind die Katastrophen vorprogrammiert. Und dokumentiert.

Nun sind The National mittlerweile an einem Punkt ihrer Karriere angelangt, an dem sich die Band eigentlich alles leisten könnte. Den Klassiker Konzert-Mitschnitt wie alles andere auch. Dass die Entscheidung so ausgegangen ist, ein sehr offenherziges und persönliches Porträt in den Vordergrund zu stellen, der die familiären Spannungen als roten Faden aufnimmt, dabei den Rest des Alltags erfolgreicher Musiker auf Tour aber nicht ausblendet, scheint ein Glücksfall. Und holt die Fans genau dort ab, wo man sie in Zeiten der Liveberichterstattung von Konzerten mit Bildern und kurzen Videos abholen muss.

Die Premiere findet heute Abend in Berlin statt, die Band ist anwesend. Ab morgen dann ist der Film deutschlandweit in den Kinos. Wem das nicht intim genug ist, wartet auf die DVD im Oktober. Infos natürlich auf Facebook.