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Lefto Early Bird Motherless Father cover

Kann der Dancefloor die Welt retten? Derzeit sieht es nicht danach aus. „Motherless Father“ von Lefto Early Bird schenkt aber auf künstlerische Art und Weise Hoffnung und zeigt, dass es an erster Stelle uns allen um gute Musik gehen sollte und eigentlich auch muss.

Der Brüsseler DJ und Producer Lefto aka Stephane Lallemand ist seit rund 20 Jahren aktiv und ein wichtiger Protagonist der House-Welt. Ein Tastemaker, ein Digger, ein DJ’s DJ, wie man so oft sagt, auch weil er immer an den Schnittstellen von Elektronik, Jazz, HipHop, Techno und House nach besonderen Momenten sucht und diese auch findet. Das bewies und beweist er mit seinen Radio-Shows für Kiosk Radio, Worldwide FM und The Lot Radio. Sein neues Album als Lefto Early Bird zeigt auf zehn Tracks seine Finesse und Vielschichtigkeit. „Motherless Father“ ist versatil und unaufgeregt spannend und dabei exzellent produziert. Es ist deep, ohne formelhaft zu sein. Sidechain-komprimierte Pads und weiche Rhodes werden durch kantig schroffe Elemente konterkariert. Schon beim Einstieg wird es mit einem Goldie-Verweis referenziell. Dabei scheut Stephane Lallemand keine Features (Iman Houssein, Pierre Spataro, Simbad, aint about me), weiß sie aber songorientiert und symbiotisch einzusetzen. Hier passt alles und es ist weit mehr als ein Klassentreffen, bei dem man verstaubt in vermeintlich besseren Zeiten bei fünf Bier zu viel schwelgt.

Die Tracks untermauern die Klasse und Nachhaltigkeit von zeitloser Tanzmusik. Trendresistenz ist immer dann modern, wenn sie frisch und wie neu erfunden klingt. Es ist ein schmaler Grat: Zum einen braucht es dazu keine übertriebene Euphorie, allerdings eine Portion Emphase, und das ist hier ziemlich gut gelungen. Überraschende Track-Aufbauten, immer wieder unerwartete harmonievolle Parts, detaillierte Soundeffekte im Headroom, um dann wieder verrauchte, klassizistische Jazz-Elemente einzubringen. In Momenten erinnert es mich an die edlen Highlightzeiten des Label Firecracker Records – Als der Dancefloor noch unser aller tägliches Wohnzimmer war. Es ist von der ersten Sekunde an aber auch Lieblingsmusik. Es macht den Club nicht einfach und niederschwellig, das sagen auch die Titel wie „I Feel The Pain but Can’t Describe It“ oder „Live in Darkness and Wait for Brighter Days“. Die Hoffnung ist aber unerschütterlich. Die Katharsis und die Befreiung sind da – verhalten, unaufdringlich. Zeit, wieder das Musikalische zu feiern und in den Mittelpunkt zu stellen. Weniger narzisstische Selbstdarstellung, dafür mehr Qualität und Liebe, so wie hier.

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