So schläfrig wie Max Richter hier auf dem Foto dreinblickt, kommt nicht von ungefähr. Sein neues Album „Sleep“ dauert nicht nur so lange, wie der empfohlene Nachtschlaf, es soll auch genau dabei gehört werden. Das ist kein Eso-Blödsinn, sondern ein wundervolles Angebot.
Nach fünf Hollywood-Soundtracks widmet sich der Komponist nun wieder seinen eigenen Visionen. Und die drehen sich um die Entschleunigung. „Sleep“ – ab dem 4. September erhältlich – ist das mit Abstand längste Schlaflied der Welt. Und soll auch genau so konsumiert werden. Auflegen, einschlafen, durchhören und dabei durchschlafen. Ein Experiment mit ungewissem Ausgang. Und wenn das Video ein Ausblick auf das ist, was uns demnächst in den REM-Phasen erwartet, dann wird das höchst melancholisch. Schauen und hören wir mal rein.
Das ist nicht kitschig. Kanye West ist kitschig, Max Richter hingegen operiert mit seinem achtstündigen Adagio tief unter dem Wahrnehmungsradar und ist damit der Virtual-Reality-Botschafter der klassischen Musik. Denn so „zackig“ wie es im Video tönt, dürfte die Langfassung nicht werden. Dafür jedoch gibt es einen speziellen einstündigen Edit der Kompostion - „From Sleep“ -, das Best-of also, oder wie Richter es nennt „eine Reihe von Fenstern zu dem großen Stück“. Dieser Edit erscheint dann auch auf LP und CD: Das komplette Werk gibt es nur digital zu kaufen. Wie auch anders: Schlafwandler drehen keine Schallplatten um. Zu „Sleep“ wird man auch gemeinsam schlafen können. Denn Richter plant bereits Aufführungen des kompletten Stück. Statt im mehr oder weniger bequemen Konzerthaus-Sessel, soll das Publikum in Betten zur Musik faktisch schlafen. Die Premiere ist für Oktober in Berlin anberaumt. Dann wird von Mitternacht bis 8 Uhr morgens geschlafen, zugehört, gedöst, wie auch immer. Wer keine Probleme damit hat, von einen Streichorchester und Richter dabei beobachtet zu werden, dem sei diese mit Sicherheit besondere Nacht an ruhepulsende Herz gelegt.