Streaming: Deezer startet Reihe mit DJ-MixesModeselektor, Will Saul, Michael Mayer u.a.
17.12.2019 • Sounds – Text: Thaddeus HerrmannEndlich mal was anderes: Der Streaming-Anbieter Deezer bietet ab dem 30. Dezember eine Handvoll exklusiver DJ-Mixes an. Die Mitbewerber dürften schon in den Startlöchern stehen und es dem französischen Unternehmen bald nachtun.
Bislang ist es so: Wer DJ-Mixe hören will, klinkt sich bei Soundcloud oder Mixcloud ein und wühlt. Auf diesen beiden Plattformen (vielleicht auch noch auf Hearthis) kippen DJs und Clubs das in die Online-Welt, was tagtäglich auf den Dancefloors mitgeschnitten, zu Hause für Medium XY oder für die eigene Promotion aufgenommen wird. Wer bei Spotify, Apple Music oder eben auch Deezer nach solchen Mixen sucht, findet – von grauzonigen „Podcasts“ mal abgesehen – wenig. Apple hat mit der „One Mix“-Serie (aktuell über 220 Folgen) immerhin etwas am Start – diese Mixe sind aber aus dem hauseigenen Radiosender Beats 1 ausgeklammert und lassen sich auch nicht offline speichern. Zählt also formatbedingt nur so halb. Und sonst? Gibt es im Streaming praktisch nur das an Mixen, was von den Labels offiziell als Mix-CD veröffentlicht wurde. Langweilig, weil schon bekannt.
Natürlich weiß man in der Dance-Welt ganz genau, dass es für das eigene wirtschaftliche Überleben wichtig ist, DJs und Produzent*innen auch auf den anderen Plattformen mit ihren Mixen pushen zu können. Das hat einerseits damit zu tun, mehr Output und somit Sichtbarkeit zu generieren, andererseits aber auch damit, dass es für viele Hörer*innen schlicht nicht attraktiv genug ist, sich die Original-Tracks in voller Länge anzuhören: Tools machen sich nicht gut in einer Playlist. Zu lang, zu langatmig, zu flüchtig.
Deezer geht nun voran. Mit sechs Mixen: Modeselektor, Will Saul, Michael Mayer, Mark Knight, Sultan + Shepard und Makoto machen den Anfang einer Reihe, die bereits im Februar 2020 ausgebaut werden und erweitert werden soll, u.a. mit einem Mix von Warp Records. Hoffentlich auch mit Musik von Frauen. Das wäre doch schön.
Die Mixe sind jeweils rund 60 Minuten lang und bilden den ersten Track einer neuen Playlist, die mit den Einzel-Tracks in voller Schönheit und Länge ergänzt wird.
Hört man sich in der Branche um, ist klar, dass die Mitbewerber von Deezer ebenfalls an einem vergleichbaren Angebot arbeiten. 2020 kommt also etwas Bewegung in die Mix-Streamerei. Darauf haben sich mittlerweile auch einige Start-ups fokussiert. Ihr Angebot: Mit Algorithmen werden die Mixe analysiert, die Tracks den Urhebern zugeordnet und dann lizenziert und für die Streaming-Welt verfügbar gemacht. Ob das wirklich etwas verändern wird – sprich Soundcloud vom Mix-Thron stößt – bleibt abzuwarten. Dabei kommt es nicht zuletzt darauf an, wie die Verwertungsgesellschaften mit dem Thema zukünftig umgehen. Der Druck der Labels und Verbände dürfte – auch auf europäischer Ebene – groß sein und stetig wachsen. Der Dancefloor wird im kommenden Jahr zum Streaming-Thema. Aber: Der Dancefloor ist auch immer noch ein safe space. Viele Labels und Musiker*innen haben nach wie vor gar kein Interesse daran, ihre Tracks auf allen Plattformen anzubieten, stellen also ihre Kataloge auch nicht den Lizenz-Buden zur Verfügung. Ein hundertprozentiges Abbild der musikalischen Vielfalt wird es auf allen Plattformen so nie geben. Und darunter leidet auch das Mix-Angebot, egal welcher Anbieter mit welcher Initiative vorangeht.