Tomberlin, Melody's Echo Chamber, I Start CountingWochenend-Walkman – 29. April 2022

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Jeden Freitag haben wir drei Platten für euch – zumeist drei Tipps, mindestens aber drei Meinungen. Nicht immer neu, doch immer die Erwähnung wert. Heute mit: Tomberlin, Melody's Echo Chamber und I Start Counting.

Tomberlin –  i don’t know who needs to hear this Cover

Tomberlin – i don’t know who needs to hear this

Ji-Hun: Die Songwriterin Sarah Beth Tomberlin lebt in Louisville, Kentucky, und veröffentlicht mit „i don’t know who needs to hear this“ ihr zweites Album auf dem Label Saddle Creek. Sie weiß mit den klanglichen Konventionen von Folk und Indie auf der aktuellen Produktion gut zu brechen. Die Songs sind stets minimalistisch arrangiert, funkeln aber mit Synthesizern, tief eindringlichen Bläsersätzen, Pianos und anderem Instrumentarium, die das Album zu einer sehr ausgewogenen und eleganten Angelegenheit machen. Auch wenn es am Ende wieder verzerrter und Band-iger wird, aber auch das in Gut. Hier werden keine Rahmen gesprengt. Die 27-Jährige weiß aber Ihre Mittel und Talent klug einzusetzen. Das ist durchaus anschlussfähig, aber nicht anbiedernd. Denn hier werden keine flachen Wasser gegraben und ist trotz aller Süße deep und emotional berührend.

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Melody's Echo Chamber – Emotional Eternal

Jan-Peter: Ich gebe franchement zu, dass ich zur Musik dieser Künstlerin bis zum Eintreffen der digitalen Depêche noch keinen Berührungspunkt hatte, und doch stellt sich gleich diese Vertrautheit ein. Aus diesem Album scheint und schwingt die ganze sympathische Welt des französischen Indie-Rocks heraus, dazu auch eine ordentliche Portion Shoegaze, konkret Cocteau Twins, besonders bei Where The Waters Clears The Illusion. Was eine interessante Melange erzeugt, verträumt, naiv fast, sonnig. Gut, die bis auf wenige Zeilen konsequent über den Wolken schwebende und hallende Stimme, mitunter hätte ich sie mal ne Oktave tiefer, ernster, und dichter an mir dran, ich stelle mir ganz schön vor. Aber dann wäre es wohl kein Dreampop, sondern, hm, Chanson? Mais non, c'est bon. Schönes Album, die beiden anderen davor kommen auch in meinen Wochenend-Walkman.

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I Start Counting – Re-Fused & Ejected

Thaddi: Doppel-Review! In der Musikredaktion der DE:BUG hatten wir früher einen Leitspruch: „Heute Geheimtipp, morgen auch. Lass mal featuren.“ I Start Counting gibt es heute nicht mehr. Das Duo – Simon Leonard und David Baker – veröffentlichte in den 80er-Jahren zwei Alben auf Mute Records und zahlreiche 12"s. Die Alben – ganz ehrlich – sind alles andere als kohärent und auch nicht wirklich gut. Und doch haben sie meinen Kosmos des Synth-Pop so nachhaltig geprägt wie kaum eine andere Band. Ich erinnere an meine Initialzündung. Mit bedeutet die Musik etwas. Was heißt etwas! Ziemlich viel! Diese beiden „Alben“ – Outtakes und Demos, frühe Versionen und bislang unveröffentlichte Tracks – bereichern den Fundus von Spinnern wie mir. Für die breite Masse ist das alles andere als hilfreich, denn die wirklich „wichtigen“ Tracks der Band – ganz bestimmte 12"s-Mixe gibt es nach wie vor nicht digital. Warum? Keine verdammte Ahnung. Es gibt im Katalog so viele stilprägende Momente, gerade an der Schnittstelle von Synth-Pop hin zur Dance Music. Das ist schade und tut ein bisschen weh. Aber: ich grabe weiter.

Diskussion: Ohne Ende Musik?Live on tape aus dem Habibi Kiosk in München

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