Wochenend-WalkmanDiesmal mit Lori Scacco, DJ Muggs und Nicki Minaj

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Jeden Samstag haben wir drei Platten für euch – zumeist drei Tipps, mindestens aber drei Meinungen. Brandneu, wieder entdeckt oder aus der Geschichtskiste ausgebuddelt. Heute mit Lori Scacco, DJ Muggs und Nicki Minaj.

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Lori Scacco – Desire Loop

Thaddeus: Die New Yorker Künstlerin hat vor wenigen Wochen ihr drittes Album veröffentlicht. Für mich ist es hingegen ein Erstkontakt, und ich werde so schnell es geht Zeit in meinem Kalender freischaufeln und auf Entdeckungsreise gehen, mir die früheren Platten anhören und die zahlreichen Videos gucken. Denn Scacco trumpft hier mit einer ganz eigenen und schlichtweg großartigen Synthesizer-Sprache auf, deren Entwicklung und Ursprünge es unbedingt zu ergründen gilt. Weil sie so vielfältig ist. Und sich so gar nicht um angebliche Konventionen kümmert, die den modularen Wahnsinn erst groß und dann so beliebig gemacht haben. Ich weiß nicht mal, ob Scacco hier überhaupt modular arbeitet – ist mir auch vollkommen egal. Stattdessen lasse ich mich lieber auf die filigrane Vielschichtigkeit und Komplexität ein, die trotz dieses Arrangements so wunderbar einladend sind. Da schält sich eine Essenz heraus, auf der die Kultur der Oszillatoren die kommenden Jahre sicher wachsen und gedeihen kann.

DJ Muggs – Soul Assassins: Dia del Asesinato Cover

DJ Muggs – Soul Assassins: Dia del Asesinato

Ji-Hun: Lawrence Muggerud ist mit heute 50 Jahren ohne Zweifel einer der Veteranen im HipHop-Geschäft. Altersmäßig könnte er der Vater von Cardi B und Travis Scott sein, und wer sich wundert, wer DJ Muggs überhaupt ist: Der DJ und Producer war/ist Maestro an den Turntables der legendären Cypress Hill und steht für HipHop aus L.A. in den 90ern wie sonst nur noch Dr. Dre. DJ Muggs’ Producer-Albumreihe „Soul Assassins“ startete bereits 1997 und 21 Jahre später hat Muggerud das Produzieren offenbar noch immer nicht verlernt. DJ Muggs versammelt eine überschaubare, aber exquisite Auswahl an Rappern auf der LP: Raekwon, Kool G Rap, Freddie Gibbs, MF DOOM – any questions? Dazu kommen Features unbekannterer Artists wie Mach-Hommy, Meyhem Lauren, Eto und Hus King Pin. Muggs arbeitet sich in seinen Tracks erkennbar an seiner New Yorker Vergangenheit ab. Stammt er doch ursprünglich aus Flushing und konnte vielleicht auch deshalb den verkifften Cypress Hill-Sound von der Westküste damals schon mit der kongenialen Dosis Darkness anreichern. Die Beats versprühen einen roughen, unterkühlten Vibe. Es rumpelt, klingt nach Proberaum, die Snares rascheln wie richtige Trommeln mit Schnarrteppich am Resonanzfell. Ja, es ist vielleicht altmodisch, Trap-HiHat-resistent, aber das macht den Reiz dieser Platte natürlich auch aus. Muss ja nicht immer das SLS-Weltfinale mit Millionenhonoraren sein. Ein Abend mit alten Freunden und 411-Videos auf VHS tun es ja auch. Vielleicht fliegt ja irgendwo noch eine alte Bong herum …

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Nicki Minaj – Queen

Benedikt: Seit dem 01.01.2018 stand diese Platte auf meinem imaginären Release-Merkzettel. Nicki Minaj, selbsternannte Queen of Rap, auch meine Queen of Rap, hat vier Jahre nach „Pinkprint“ einen Titel zu verteidigen. Aber was ist das überhaupt noch wert, Queen oder King? Immerhin hat die Popwelt mit den Carters nun eine echte Royal Family, Cardi B und Migos Offset stehen schon auf der offiziellen RollingStone-Nachfolgeliste. Andererseits ist es der Künstlerin noch einen Albumtitel und manche Zeile wert, was in Summe wenn auch nicht bemüht – das hat sie nicht nötig – zumindest doch ein bisschen aufgedrängt wird. Als dann der Opener erklang, war ich knappe fünf Minuten lang versucht, den Starschnitt in Lebensgröße an der Wand unseres Büros abzunehmen. Aber mit „Majesty“ (feat. Eminem und Labrinth) setzte die Minaj-Mahnie ein und nach „Barbie Dreams“ einer gewitzten und, aber lyrisch scharfen, expliziten und grandiosen Abrechnung mit den Männern ihres rappenden Umfelds und mit Biggie-Flow auf Biggie-Sample fragte mich schon, was so ein XXL-Posterrahmen eigentlich kostet? Gespittet wird auch danach, bis sich wie schon für „Pinkprint“ Ariana Grande ins Studio gesellt und die dann doch immer wieder eher vorbeirauschende Popseite Nickis einleitet. Mit The Weeknd macht das allerdings Spaß – sofern man The Weeknd mag. Die Vorab-Single „Chun Li“, benannt nach dem ersten weiblichen Charakter der Videospiel-Serie Street Fighter ist samt Video schon seit Mai draußen und bleibt ein Banger, auch „LLC“ und „Good Form“ überzeugen in Sachen Rap. Danach gerät die Platte allerdings aus der Spur, kann sich erst mit dem dreckig-düsteren „Coco Chanel“ (feat. Foxy Brown) wieder fangen. Was nun hängenbleibt? Das gleiche wie bei jedem Nicki-Album: Zehn gute Tracks auf einer zu langen Platte. Und das Poster.

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