Apple: Das können euer Mac und iPhone ab HerbstAlles dreht sich, alles bewegt sich

WWDC 2014 - Lead

OS X und iOS, Apples Betriebssysteme für Rechner, Telefon und Tablet werden alljährlich grundüberholt. Was uns dieses Jahr jedoch bevorsteht, ist ein Paradigmen-Wechsel par excellence. Computer und Handy werden beste Freunde. Die iCloud bekommt endlich die Features, die man von einem Cloudcomputing-Dienst erwartet und das iPhone kann zukünftig viele der Dinger, die bislang unter Googles Android als Beweis für Open-Source-Lässigkeit galten. Zwei Stunden Präsentation, zusammengefasst in 8.000 Zeichen Text.

Die neue Lockerheit.

Wenn man sich entscheiden müsste, was denn nun das wichtigste Signal auf der gestrigen Auftaktveranstaltung von Apples Entwicklerkonferenz war, dann wohl dies: Apple entspannt sich. Es war die erste Keynote der Ära nach Steve Jobs, bei der tatsächlich so etwas wie ein neuer Wind zu spüren war. Auf allen Ebenen. Nicht nur zahlreiche neue Features für den Mac und das iPhone/iPad wurden präsentiert: Craig Federighi, der Chef der Software-Abteilung bei Apple und somit OS-X und iOS-Guru, steuerte mit großer Leichtigkeit und Verve durch „seine“ 90 Minuten der Keynote, telefonierte kurz mit Dr. Dre, droppte hier und dort einen Witz, war irgendwie auf MDMA mit Erdbeergeschmack. Das war gut und wichtig, denn so viele fundamentale Neuigkeiten wie gestern hat Apple lange nicht mehr in eine Pressekonferenz gepackt. Masse und Klasse, denn im Herbst, wenn die neuen Betriebssysteme zum Download bereitstehen werden, ändert sich viel. Für uns Nutzer, aber auch für die Menschen hinter der Software.

Software ist das entscheidende Stichwort. Denn anders als sonst zeigte Apple überhaupt keine neuen Geräte. Keine Laptops, keine iMacs und schon gar keine neuen Telefone oder eine Armbanduhr. Und doch war bei vielen Ankündigungen ganz klar, dass diese Features auch zukünftiger Hardware zugute kommen werden, vielleicht sogar dort erst richtig aufblühen werden.

OS X Weed

Klare Sache: Craig Federighi hätte es nicht schlecht gefunden, die kommende Version von OS X einfach „Weed“ zu nennen. Bild: Apple

##BFF: OS X und iOS

Die wichtigste Nachricht für diejenigen unter uns, die sowohl einen Mac als auch ein iPhone benutzen: Beide Geräte wachsen ab Herbst noch enger zusammen. Das beginnt schon beim Design. OS X - die neue Version heißt Yosemite - bekommt einen neuen, frisch-reduzierten Look. Neue Fonts, neue Icons, aber zum Beispiel auch die transparenten Fenster, die auf dem iPhone und iPad schon seit dem letzten Jahr die bestimmende Design-Metapher sind. Beide Plattformen wachsen aber auch funktional enger zusammen. Auf dem Telefon bündelt Apple schon jetzt die klassischen SMS und den hauseigenen Nachrichten-Dienst iMessage in einer App. Dies ist zukünftig auch auf dem Desktop möglich. Die bezahlten Kurznachrichten tauchen auch auf dem Rechner auf, werden vom Telefon einfach gespiegelt. Gute Sache, allerdings mit einem Haken. Denn die Synchronisation der Nachrichten zwischen Laptop, Desktop, Tablet und Telefon funktioniert aktuell noch nicht so verlässlich, wie man es sich eigentlich wünschen würde. Ob auch hinter den Kulissen nachgebessert wurde, bleibt abzuwarten. So oder so: Das Telefon spielt im Zusammenspiel mit dem Rechner ab Herbst eine deutlich wichtigere Rolle. So können eingehende Telefonat direkt vom Rechner aus angenommen werden, wenn sich das Telefon in Reichweite befindet. Egal in welcher App, vornehmlich aber natürlich im Browser, man zukünftig eine Telefonnummer sieht, kann man sie direkt von dort anrufen. Zum Beispiel Dr. Dre. Dass das zukünftig auch mit einer Uhr möglich sein wird, scheint klar.

Calling Dr Dre

Craig Federighi ruft seinen neuen Kumpel Dr. Dre an - direkt vom Mac. Bild: Apple

##Über Bande spielen

Das vielleicht noch wichtigere neue Feature, das Telefon und Rechner weiter zusammenwachsen lässt, heißt Handoff. Das ist im Prinzip nur eine extrem tighte Synchronisation zwischen beiden Geräten. Beispiel: Man beginnt auf dem Rechner damit, eine E-Mail zu schreiben oder schaut sich eine Webseite an. Diese Informationen werden fortan zwischen beiden Geräten abgeglichen. So werden Websites automatisch auf dem jeweils anderen Gerät geladen, E-Mails können nahtlos am Telefon weitergeschrieben werden, der bis zu diesem Zeitpunkt eingegebene Text wartet bereits auf dem jeweils anderen Device . Auch hier bleibt natürlich abzuwarten, wie gut das tatsächlich funktioniert. Die Idee jedoch ist brillant.

iCloud Drive

Abgewickelt wird dieser Service natürlich über die iCloud, Apples eigenen Wolken-Computer. Und der machte bislang bestimmte Dinge zwar sehr gut und verlässlich, klammerte andere hingegen komplett aus. So sind die Dokumente, die man in der iCloud ablegt, zwar von unterschiedlichen Geräten aus erreichbar und auch immer synchronisiert, sonst aber nicht wirklich zugänglich. Vor allem: Es gibt keine Übersicht, wie z.B. in Google Drive oder Dropbox. Das ändert sich nun mit iCloud Drive, das genau diese Funktion - endlich, Herrschaftszeiten! - einführt. Es war eines von Steve Jobs Paradigmen, dass der User - wir! - in naher Zukunft gar keinen Zugriff auf ein Dateisystem mehr benötigen würden, sondern sämtliche Informationen nur noch in Apps zur Verfügung stehen werden. Apple hat gestern mit dieser Vorstellung gebrochen. Nicht zurückgerudert, sondern sich freigestrampelt. Ein zugegebenermaßen kleiner Schritt. Aber auch ein wichtiges Signal, das auf iPhone und iPad erst richtig aufblüht. Denn hier spürte man bislang Apples Strategie des kontrollierten Informationsflusses besonders stark. Auch das wird jetzt anders. Auf iPhone und iPad kann zukünftig so gut alles mit allem kommunizieren. Einzelne Features bestimmter Apps - von Apple selbst und von anderen Entwicklern - können von anderen Programmen benutzt werden. Das erleichtert zum Beispiel das Teilen bestimmter Inhalte immens. Apple stellt aber auch diverse Hubs zur Verfügung, die bestimmte Funktionalitäten aggregieren sollen. Funktionalitäten, für die man bislang separate Programme benötigte.

Apple Health

Ab Herbst auf dem iPhone: gesammelte Gesundheitsinformation in der Übersicht. Bild: Apple

„iOS liest zukünftig immer mit. Aus guten Grund.“

Die beiden wichtigsten dieser Hubs sind „Health“ und “HomeKit“. Der erste sammelt Informationen von Fitnesstrackern etc. und bereitet die Daten in einer gemeinsamen App auf. „HomeKit“ soll das Internet der Dinge endlich übersichtlicher gestalten. Also smarte Glühbirnen, Garagentore, Klimaanlagen und Heizungen in einer App zusammenführen. Für eine einfachere Bedienung, für weniger Rauschen in den eigenen vier Wänden. Dringlicher für die Nutzer: Apple lässt zukünftig auch Dinge zu, um die man Nutzer von Android-Telefonen immer schon beneidete. Die Installation einer neuen virtuellen Touchscreen-Tastatur zum Beispiel à la Swype. Apples eigene Tastatur bekommt derweil ein signifikantes Update: bessere Autokorrektur, direkte Wort- oder Satzteil-Vorschläge für Antworten. iOS liest zukünftig immer mit. Nur so können die entsprechenden Vorschläge für die Antwort bereitgestellt werden.

iMessage WWDC 2014

Gleichzeitig wird das Schreiben aber immer unwichtiger. Apple will mit iOS 8 anderen Messengern das Wasser abgraben und integriert Sprach- und Videonachrichten und masht damit irgendwie Facebook, Snapchat und Whatsapp zusammen. So kann man auch seinen aktuellen Standort direkt in der Nachricht mitschicken. Alles ein bisschen gläsern, aber auch nicht anders als bei den Mittbewerbern. Apple zieht gleich, das ist schon alles. Allerdings nicht, was die Ankündigungen von gestern Abend angeht. Denn um die neue Offenheit und Zusammenarbeit zwischen beiden Plattformen auch für Entwickler attraktiver zu machen, wurde mit „Swift“ gleich noch eine vollkommen neue Programmiersprache vorgestellt. Die soll alles einfacher und besser machen. Die Entwickler vor Ort machten sich fast in die Hose vor Freude. Scheint also was dran zu sein.

##Was nun?
Es wird ein ziemlich geschäftiges zweites Halbjahr für Apple. Die neue Software zu finalisieren ist da fast die leichteste Übung. Wenn die neuen iPhones und auch die lang erwartete iWatch vorgestellt werden, wird sich zeigen, wie weit die Neuerungen, die gestern vorgestellt wurden, auch in den neuen Geräten zum Einsatz kommen werden und welcher vermeintliche Mehrwert dabei abfällt. Bis dahin heißt es: warten. Aber auch hier geht Apple einen anderen Weg. Die neue Version von OS X ist erstmalig in der Geschichte des Unternehmens überhaupt als Beta auch für normale Nutzer verfügbar.

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