Leseliste 21. Oktober 2018 – andere Medien, andere ThemenResident Advisor, Bauhaus, Indie-Hustle und Sigmar Gabriel

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Jede Woche liest die Redaktion das Internet leer, um sonntäglich vier Lesestücke empfehlen zu können. Artikel, die interessant, relevant oder gar beides sind – und zum Glück abgespeichert wurden.

RA Screenshot

Foto: Screenshot

Resident Advisor

Musikjournalismus durchlebt schwierige Zeiten. Alleine im deutschsprachigen Bereich wurden (werden) in diesem Jahr Intro, Groove und Spex eingestellt. Auf der anderen Seite hat sich die Online-Plattform Resident Advisor (RA) international zu einer Art Monopol im Bereich elektronische Musik hochgespielt. RA hatte immer den Anspruch, auch Forum zu sein. Allerdings scheint es in jüngerer Vergangenheit immer wieder Fälle von Zensur gegeben. Bei bestimmten Artikeln wird die Kommentarspalte geblockt, bei anderen Themen positioniert man sich bewusst, wie zuletzt beim Boykottaufruf gegen Konstantin (Giegling), dessen Gigs beim ADE bei zahlreichen Protagonisten nicht erwünscht gewesen sind. Nun ist dieser Beitrag im Netz aufgetaucht, den man auch als Kommentar und Diskussionsanstoß (und nicht als allgemein gültige Wahrheit) lesen sollte, aber ganz gut aufzeigt, wie eng Integrität, Bigotterie und Machtmissbrauch oft zusammen hängen.

„Largely uncontested by any comparable platforms, RA became an essential organizational tool for the dance music industry’s continued rise to global dominance. In their resultant monopoly, RA has been able to operate largely inoculated from industry scrutiny. The artists upon whose music the site is built rely too much on the platform for their income to openly disparage the philosophy and practices of the company. Promoters, label managers, and club owners face the same dilemma. In short, the centralization of the entire dance music scene’s journalism, ticket-sales, and promotion have unsurprisingly endowed RA with an inordinate influence. This influence is at best misunderstood and at worst abused.“

Precedent Advisor

Keine Sahne im Bauhaus

Das Bauhaus feiert im kommenden Jahr 100jähriges Bestehen und schon bevor die Feierlichkeiten beginnen, gibt es Ärger. Das ZDF plante ein Konzert mit der Band Feine Sahne Fischfilet, das nun von der Stiftung untersagt wurde. Die Begründung: „Politische extreme Positionen, ob von rechts, links oder andere finden am Bauhaus Dessau keine Plattform“. Allein diese Formulierung taugt als Grundlage für ganz unterschiedliche Debatten – die Motivation der Stiftung liegt aber auf dem Tisch: die Angst vor rechten Störern; auch die Landespolitik war von der Vorstellung, dass die Band dort ein Konzert geben würde, alles andere als begeistert. Wie ist es möglich, dass eine Institution wie das Bauhaus, dessen Gründer selber verfolgt wurden, ob eines Konzerts und etwaiger rechter Demonstranten so schnell so radikal den Schwanz einzieht? Dirk Knipphals kommentiert in der taz:

„Aber die richtigen Schlüsse aus der Vergangenheit ziehen sollte man schon. Dass man gegenüber rechten Gruppierungen, die sich im Besitz einer einheitlichen deutsch-nationalen Kultur wähnen und alles, was ihnen nicht in den Kram passt, als „degeneriert“ oder „entartet“ diskreditieren, Haltung zeigen muss, gehört zu diesen Schlüssen.“

Zutiefst geschichtsvergessen

Indie-Hustle

Ein Indielabel zu betreiben ist heute ein Knochenjob am Taschenrechner. Es geht immer um alles und gleichermaßen breit ist heute das Aufgabenfeld: Platten sind das eine, Booking-Agentur, Musikverlag und Merch-Shop und immer öfter auch Veranstaltungen sind die anderen Geschäftsfelder. Und die sind obligatorisch, um überhaupt über die Runden zu kommen. Die brand eins war zu Gast bei Tapete Records und Grand Hotel van Cleef aus Hamburg und Einblick bekommen, in den täglichen Indie-Hustle.

„25 Platten bringt Tapete Records jährlich auf den Markt und verbucht rund 1,2 Millionen Euro Umsatz. 2016 blieben davon rund 36 000 Euro Gewinn übrig.“

Inside Indie – nicht das Ende vom Lied

Waffenminister a. D.

Was würde Sigmar Gabriel wohl gegen das Sterben der Musikmagazine tun, wäre er heute noch Popminister? Und was würde er wohl im Falle Waffen an Saudi-Arabien tun, wäre er heute noch Wirtschaftsminister? Exportstopp an das Königreich, das Dissidenten zersägen lässt? Ja. Sagt er. Im Nachhinein. Kann man einem Ex-Politiker, der – siehe TTIP – sein Mäntelchen nur zu gerne in den Wind gehängt hat, Glauben schenken, dass er sich wirklich dafür einsetzt? Würde der Tagesspiegel-Autor Gabriel mit seiner Forderung, nämlich Verantwortung zu übernehmen, Gehör beim Amtsträger Gabriel finden? Das werden wir wohl nicht mehr herausfinden.

„250.000 deutsche Sturmgewehre nach Saudi-Arabien nein, aber gepanzerte Transportfahrzeuge und Waffen für den Personenschutz der Königsfamilie ja. Nicht – wie viele vermuten – um der deutschen Rüstungsindustrie zu helfen, sondern immer mit dem Ziel, noch irgendwie die Gesprächsfäden zu diesem komplizierten und doch so wichtigen Land zu erhalten.“

Mit dem Teufel aus einem Topf essen

Wochenend-WalkmanDiesmal mit Vril, Haley und Scuba

„Wir betreiben unsere eigene Kulturförderung“Die Macher vom Berliner Club Gretchen im Interview