Wie versprochen informieren wir euch an dieser Stelle regelmäßig über ausgewählte Episoden des Telekom Electronic Beats Podcasts – immer pünktlich zum Veröffentlichungsdatum der jeweils neuen Ausgabe. In den 30 Folgen der Interview-Reihe hat sich dank der Moderator*innen Gesine Kühne und Jakob Thoene ein vielstimmiges Bild der Clubkultur entwickelt. In der neuen Ausgabe dreht sich alles um Christian Löffler. Seit 2009 veröffentlicht der 34-Jährige Musik und ist längst ein Star an der Schnittstelle zwischen Electronica und Techno. Wobei: Diese Begriffe sind dem Produzenten gar nicht wirklich wichtig.
Von der Kunst zur Musik und wieder zurück. So stellt sich der bisherige Werdegang von Christian Löffler dar. 2006 begann der Greifswalder ein Kunststudium in seiner Heimatstadt. Zuvor hatte er sich für BWL eingeschrieben – einfach so und „ohne Plan“, wie er heute sagt. An der Kunstfakultät setzte er sich sowohl mit der Malerei und dem Zeichnen auseinander, als auch mit Video und Musik. Dieser interdisziplinäre Anspruch entsprach seinem Habitus: „Ich habe damals ein Bild von Daniel Richter gesehen und dachte: Das will ich auch machen. Mit der Musik war es das Gleiche.“ Elektronische Musik spielte zu diesem Zeitpunkt bereits eine wichtige Rolle in Löfflers Leben. Sozialisiert mit Gitarrenmusik, hatte er seine ersten Berührungspunkte mit Techno im Radio und DJs wie Paul van Dyk. Und weil sich das am Computer besser und schneller machen ließ, als erst wirklich Gitarre zu lernen, entschied er sich dafür, es zu probieren.
Bis zum heutigen Tage hat Löffler drei Alben und unzählige Singles veröffentlicht. Mit Paul van Dyk und den trancigen Tracks von damals hat das hingegen nichts zu tun. Spätestens seit seiner Debüt-LP „A Forest“ (2012) hat er es geschafft, einen ganz eigenen Sound erst zu erfinden und schließlich zu perfektionieren. Zwischen gerader Bassdrum, opulenten Melodien und den dazu passenden Vocals von Sängerinnen wie Mohna entsteht eine moderne Form der Popmusik, die nicht nur auf den großen Festival-Bühnen die Sonne immer im richtigen Moment auf- oder untergehen lässt – je nachdem, was gerade besser passt.
„Ich bin nicht der klassische Perfektionist.“
Genre-Verortungen wie Pop interessieren Löffler hingegen nicht besonders. „Für mich ist das immer noch Techno“, sagt er im Gespräch mit Gesine Kühne auf die Frage, wie er seine Musik denn selbst beschreiben würde. Dieses Schubladen-Prinzip passt nicht in sein Selbstverständnis: „Ich habe das für mich selbst von Beginn an immer einfach gehalten. 4/4 ist Techno, langsamer Breakbeat ist Breakbeat, schneller Drum and Bass. Das reicht.“ Und: Für Löffler ist Pop etwas Perfektes – und das passt nicht zu seiner Arbeitsweise. „Ich bin nicht der klassische Perfektionist. Wenn ein Track zu 80 Prozent fertig ist, lasse ich ihn in der Regel einfach so. Ich produziere nicht wirklich aus, das würde mich langweilen. So schaffen es kleine Fehler mit in die Tracks, die ihn dann aber auch irgendwie ausmachen.“
Ein Raver war Christian Löffler nie. „Mich hat eigentlich immer nur die Musik interessiert. Und wenn mich Freunde gefragt haben, ob ich nicht mitkommen will, habe ich am Ende meistens wieder abgesagt“, sagt er. In Greifswald und Umgebung war in Sachen Club-Kultur nicht viel zu holen. Und heute kehrt er nach Gigs umso lieber nach Graal-Müritz nördlich von Rostock zurück. „Manchmal ist es schon komisch, wenn wir uns nach einer Tour trennen, alle nach Berlin fahren und ich noch hoch zur Ostsee muss. Aber wenn ich am nächsten Morgen laufen gehe, niemanden treffe und der Campingplatz verwaist ist, weiß ich wieder, warum ich hier wohne.“ Dem Meer widmete Löffler 2016 gleich ein ganzes Album.
Und doch spielen Clubs für Löffler eine große Rolle. Dort spielt er besonders gern. „Da sind alle gleich, man hat eine andere Perspektive als auf großen Festivals oder im konzertanten Rahmen wie der Elbphilharmonie in Hamburg,“ sagt er, auch wenn er weiß, dass sein Publikum bunt zusammengewürfelt ist. Er erinnert sich daran, wie er zum ersten Mal in der Panorama Bar spielte und Menschen auf ihn zukamen, die sagten, sie seien heute zum ersten Mal hier. „Ich auch“, war seine Antwort.
Anfang April erschien Christian Löfflers drittes Album „Graal (Prologue)“ – genau wie die Vorgänger auf seinem eigenen Label Ki. Das Artwork hat er selbst gezeichnet, ganz trennen kann und will er sich von der Kunst dann eben doch nicht. Die Motivreihe wird Ende des Jahres fortgesetzt: mit neuer Musik und diesmal gemaltem Artwork.
So richtig begreifen kann Löffler immer noch nicht, was seit seinem Debütalbum „A Forest“ mit ihm und seiner Musik alles passiert ist. Genau das ist es, was das Gespräch mit Gesine Kühne so interessant macht. Hier spricht ein Produzent ganz offen und ehrlich darüber, wie die vergangenen Jahre an ihm in Lichtgeschwindigkeit vorbeigezogen sind. Ein seltener Einblick in das Leben eines außergewöhnlichen Musikers.