„Ich bin Drum-and-Bass-Fan geblieben“Answer Code Request über seine Leidenschaft für Breakbeat
27.6.2016 • Sounds – Interview: Felix HütherEs gibt eine musikalische Welt jenseits von Techno. Das gilt auch für die Protagonisten, deren eigene Tracks und DJ-Sets vornehmlich mit der graden Bassdrum assoziiert werden. Bestes Beispiel: Answer Code Request. Auf seiner neuen EP für Ostgut Ton kicken Techno und Drum and Bass in freundschaftlicher Koexistenz. Im Interview erklärt Patrick Gräser, wie das zusammenpasst. Und pickt für uns seine Top 3 Drum-and-Bass-Klassiker heraus.
Patrick Gräser wird unter seinem Alias Answer Code Request generell im Techno-Universum verortet. Dabei sind seine Produktionen bei genauerer Betrachtung äußerst vielseitig und vereinen ein breites Spektrum musikalischer Einflüsse, die weitaus häufiger auf gebrochenen Beats basieren als auf stereotypen geraden Kickdrums. Ein gutes Beispiel dafür ist die aktuell auf Ostgut Ton erschienene 12” „Neume“, speziell das Stück „Vis“. Der frappierende Widerhall aus UK, sowie die in den Drums unterschwellig aufgefahrenen Drum-and-Bass- und Jungle-Tendenzen zeichnen das Bild eines Künstlers, der nie viel anfangen konnte mit atypischen Produktionsweisen und sich lieber immer wieder auf die Anfänge seiner musikalischen Karriere bezieht, um den Kopf nicht zu verlieren. Grund genug nachzuhaken, wo diese Einflüsse denn herkommen und wie Gräser das Ursprüngliche, nämlich Drum and Bass und Techno, als DJ und Produzent auf einen Nenner bringt.
Patrick, wann hast du damit begonnen, dich dezidierter für Musik und bestimmte Genres zu interessieren?
Da muss ich erst mal kurz überlegen. Ich muss zwölf oder 13 gewesen sein, in der siebten, achten Klasse. Damals fing ich durch meinen älteren Bruder an, Techno zu hören. Der ist zu dem Zeitpunkt nämlich schon durch die Clubs gezogen.
Er war also deine erste Inspirationsquelle?
Genau. Er hat irgendwann angefangen Platten zu kaufen und sich einen Turntable zugelegt. Ich habe mir dann auch einen gekauft und neben Techno aus Jux und Tollerei auch ein paar Drum-and-Bass-Platten bestellt. Beeinflusst hatten mich einige Reportagen über die Szene in UK; in Deutschland war dieses Breakige ja gar nicht so präsent. Ich fand das spannend: die Raves, UK Hardcore, das hat mich echt geflasht, gerade weil ich musikalisch auch mit The Prodigy angefangen hab. Das war die erste Band, bei der ich auf einem Konzert war.
Welche Interpreten und Labels hast du denn damals so eingekauft?
Das ging zunächst einmal ziemlich queerbeet. Von DJ Hype hab ich früh Notiz genommen. Der war in einer dieser Fernsehreportagen zu sehen. Dann noch so was wie Moving Shadow oder Metalheadz. Ich fand es auch cool, wenn MCs dabei waren. Durch das Plattenkaufen kam ich zum Auflegen, wobei sich das natürlich alles noch vorwiegend in meiner Heimat Fürstenwalde und irgendwelchen Garagen abspielte. Über kleine selbstorganisierte Partys habe ich dann mal auf dem örtlichen Stadtfest aufgelegt und dort Marcel (Dettmann) das erste Mal gesehen. Richtig kennen gelernt haben wir uns aber erst ein wenig später auf dem Skateplatz. Meine Skater- und HipHop-Freunde waren sicherlich auch mit ein Grund, weswegen es mich zunächst an Drum and Bass gehalten hat. Die haben dazu nämlich einfacher einen Zugang gefunden als zu Techno.
Skater haben auch Drum and Bass gehört?
Ja, da hatte ich einige Freunde. Ich habe auch mit Leuten abgehangen, die einen HipHop-Keller hatten. Da wurde wild gescratcht. Ab und zu hab ich dann meine Drum-and-Bass-Platten ausgepackt, das fanden die auch ganz geil.
HipHop und Drum and Bass sind auf halbem Beat ja durchaus mixbar, sind also gar nicht soweit voneinander entfernt wie man vielleicht denken könnte.
Die Leute waren dem Ganzen auf jeden Fall nicht abgeneigt. Mein Bruder hat da so etwas wie den Gegenpol gebildet, deswegen haben sich Techno und Drum and Bass ziemlich die Waage gehalten, bis Techno dann durchs Ausgehen nach und nach immer wichtiger für mich wurde. Der Wendepunkt kam, als ich Marcel richtig kennen gelernt hatte. Er hat mir angeboten, bei ihm Platten zu kaufen. Wir begannen dann, uns auszutauschen.
Welchen Stellenwert hat Drum and Bass heutzutage noch für dich?
Das hört man in meinen Produktionen ja hin und wieder. Ich bin Fan geblieben und kaufe auch im Hardwax noch die eine oder andere Platte. Ich brauche das einfach, kann nicht immer nur gerade Beats hören, geschweige denn produzieren. Deshalb bin ich auch so froh, dass es mit dem Berghain zum Beispiel einen Ort gibt, an dem man noch ein bisschen experimentieren kann. Hier habe ich auch schon die eine oder andere UK-Hardcore-Platte gespielt. Dass ich schlussendlich nie so richtig in Drum and Bass eingetaucht bin wie später in Techno lag wahrscheinlich auch daran, dass ich einfach noch zu jung war, um wirklich in eine Szene involviert zu sein. Im Icon war ich zwar öfters mal mit Freunden, das waren aber auch die angesprochenen Skater oder HipHop-Freunde, die da wirklich Bock drauf hatten. Mit den anderen bin ich dann ins E-Werk, Tresor, oder WMF gegangen.
Hast du, abgesehen von den Platten im Hardwax, Drum and Bass zuletzt in irgendeinem Kontext wahrgenommen?
Gutes Beispiel: Ich war letztes Jahr in Budapest und habe live gespielt. Auf dem zweiten lief Drum and Bass. Da gibt es noch eine richtige Szene. Es war unglaublich zu sehen, wie die abgegangen sind. Es ist schade, dass in Berlin aktuell nicht mehr so viel geht.
##Drum And Bass: Die Top 3 von Answer Code Request
###Pesha – Piano Tune (Good Looking, 1995)
Das war eine der ersten Platten von Good Looking Records, die ich gekauft habe. Masterclass – eine der zeitlosesten Platten, die ich besitze. Wenn ich sie heute höre, erinnere ich mich gerne an die Anfangszeiten meiner Drum-and-Bass-Zeit.
###Deep Blue – The Helicopter Tune (Moving Shadow, 1993)
Ein Jungle Classic auf Moving Shadow, einem meiner liebsten Labels Anfang der 90er!
###Nasty Habits – Shadow Boxing (31 Records, 1996)
Eine großartige Nummer von Doc Scott, spiele ich heute noch, z.B. im Berghain. Einer der härtesten und stärksten Tracks aus der Goldenage-Zeit! Mann nannte es auch Techno-Drum- and-Bass. Der Sägezahnbass reißt es voll raus und hat mich musikalisch wirklich inspiriert. Die Platte ist, glaube ich, grade neu aufgelegt worden, zumindest hab ich sie zuletzt im Hardwax wieder stehen sehen.
Kann ich mir gut vorstellen, dass die Nasty Habits gut ankommt. Das lockert ja auch ein bisschen auf. Nicht 24/7 nur gerade Beats.
Sonst wäre es langweilig über die Nacht. Wenn du nur Techno spielst, hört sich auf Dauer alles gleich an.
Vielen Dank für das Gespräch.