Filter Tapes 022„Bateria Eletrônica“ von Seixlack
19.9.2016 • Sounds – Interview: Ji-Hun Kim, Illustration: Viktoria CichonDer brasilianische Musiker und Produzent Seixlack hat eine ganz besondere Episode für unsere exklusive Mixtape-Reihe Filter Tapes produziert. Statt Platten zu mixen, schmiss er seine Roland-Drummachines an und jammte ein Liveset, das ausschließlich aus Drum-Samples besteht. Hier ziept und rockt das Technoset wie bei den Melvins. Schweißtreibend, energetisch, laut, punkig und dennoch faszinierend cool. Bassdrum-Deklination at its best – Techno for Headbangers. Seixlack, der mit Vornamen Fernando heißt und aus São Paulo kommt, macht auch unter dem Namen Innsyter Musik. Unter diesem Pseudonym releaste er dieses Jahr das Album „Poison Life“ auf dem gehypten Label L.A. Club Resource von Delroy Edwards. Wir sprachen mit Fernando über die Idee des Filter Tapes, selbst gewählte künstlerische Limitierungen und sein neues Leben in Berlin.
Hallo Fernando, danke für dein Filter Tape. Wie geht’s? Was geht bei dir?
Mir geht es großartig, ich genieße das Leben, reise zu Auftritten, mache Musik. Ich habe so viele Orte in den vergangenen Monaten kennenlernen dürfen – sehr inspirierend.
Du produzierst unter zwei Namen: Seixlack und Innsyter. Wo liegt da welcher Unterschied?
Ach, wenn ich’s selber nur wüsste. Ich fing an, als Seixlack Musik zu machen. Irgendwann kamen immer mehr Tracks dazu, die weirder waren, nicht so House oder Techno. So kam Innsyter ins Spiel.
Dein Filter Tape ist gar kein richtiges Mixtape wie sonst, sondern – eine Premiere bei uns – eine halbstündige Live-Jamsession ausschließlich aus Drum-Samples. Was war deine Idee dahinter?
Ich liebe es einfach, Beats zu machen. Das ist mein Ding. Ich mag auch Melodien, habe aber meine Probleme, die richtigen zu entdecken und aufzunehmen. Ich bin wohl eher der Rhythmus-Typ. Daher dachte ich, wieso nicht einen Jam aufnehmen, der nur aus Drum-Samples besteht. Lag auf der Hand.
Welches Equipment kam zum Einsatz?
Eine Roland MC505, eine Aira TR8, einige Effektpedale und ein Rechner mit Logic Pro.
Wie produzierst du sonst Musik?
Recht einfach. Aber immer dabei sind beide Roland-Drummachines. Dann nehme ich gerne auf einem Achtkanal-Taperecorder auf, selten kommt ein Boss DR Rhythm 5 dazu und hier und da wird mit Logic Pro editiert.
Siehst du einen anderen Ansatz bei dir als bei dem klassischen Ableton-Hochglanz-Techhouse?
Würde ich gar nicht so sehen. Es gibt doch so viele Leute, die mit Ableton arbeiten und deren Sachen echt dope sind. Für mich wäre das aber nichts. Ich finde es gut, Limitierungen und technische Einschränkungen zu haben. Das Equipment ist da zweitrangig – man kann auch auf einem iPad gute Platten produzieren.
Gibt es persönliche Helden und Einflüsse bei dir?
Ich mag den Begriff persönliche Helden ja nicht und mein Musikgeschmack ändert sich ständig, aber einige Sachen, die ich in letzter Zeit richtig gut fand, waren von Adrian Sherwood, Alessandro Cortini, Eric Copeland, Sensation’s Fix, Thomas Leer und Lifetones.
Du kommst aus São Paulo. Wie würdest du die Undergroundszene dort beschreiben?
Gerade im elektronischen Underground passiert gerade eine Menge in São Paulo. Es gibt tolle Produktionen aus ganz Brasilien und einige Labels fangen sogar an, auf Vinyl zu veröffentlichen. Für São Paulo und Brasilien eine großartige Entwicklung!
Dennoch bist du vor einiger Zeit nach Berlin gezogen. Was waren deine Erwartungen?
Berlin ist eine total diverse Stadt, ganz anders als meine Heimat. Du triffst Menschen aus aller Welt, die hier leben und mein Freundeskreis ist auch sehr gemischt. Ich genieße das Leben und den Moment hier. Überall soviel Platz und gar nicht so viel Gedrängel und Hektik wie zunächst erwartet.
Was vermisst du dennoch?
Natürlich meine Familie, meinen Hund und das Essen. Aber es geht mir hier gut. Ich kann mich nicht beschweren.
Vor einiger Zeit hast du deine EP „Bed Bug Cities“ auf dem Label Xkalay veröffentlicht. Wie ist die Zusammenarbeit entstanden?
Wenn ich das noch wüsste. Wahrscheinlich habe ich Sam, der das Label macht, über Soundcloud paar Tracks geschickt. Mit Sam zu arbeiten, ist ein Traum. Er ist schnell, professionell und ich mag den Label-Ansatz: kein Artwork, kein Schnickschnack, einfach und direkt.
Früher hast du in Metal- und Punk-Bands gespielt. Wie geht das mit Techno zusammen?
Wenn du in einer Band spielst, hast du halt immer zwei oder drei andere Typen, die ihre Meinung haben und so geht man sich halt mal schnell auf den Sack (lacht). Außerdem sind Aufnahmen mit akustischen Instrumenten komplizierter. Man braucht dafür viel Zeit und Geld für ein Studio. Mit ein paar Maschinen im Studio ist es einfacher. Und ich kann machen, worauf ich Lust mache – ohne Kompromisse.