„Techno ist für mich kein Lifestyle“Die Producer-Legende John Tejada im Interview

John Tejada 2018 Start

Wenn man in der mittlerweile dekadenlangen Techno- und House-Geschichte den Begriff Konstanz personifizieren wollte, dann gibt es eigentlich nur einen Namen: John Tejada. Der Kalifornier, der sein mittlerweile 13. Album „Dead Start Program“ dieser Tage auf Kompakt veröffentlicht hat, verbindet eben jene Eigenschaften, die es braucht, um über so lange Phasen im schnelllebigen Geschäft substanziell zu bleiben. Eine persönliche Handschrift, präzise Produzenten-Skills, die Abkehr von allem, was prätentiös oder affektiert sein könnte und genialische Musikalität. Ji-Hun Kim sprach mit John Tejada über seinen verstorbenen besten Freund Marcus Kaye, Techno als Lifestyle, sein neues Projekt Wajatta mit Superstar Reggie Watts und ziemlich gute Aussichten für Los Angeles.

Was geht gerade in Los Angeles?
Keine Ahnung. Das Wetter ist schön. Die Dinge gehen ihren Lauf.

Wenn wir Los Angeles hier in den Nachrichten sehen, geht es z.B. um riesige Waldbrände oder Hollywood und Harvey Weinstein. Ein bisschen was muss doch gehen.
Los Angeles ist zum Glück ja so groß, dass man gewissen Themen aus dem Weg gehen kann. Hollywood ist einfach ein eigenes Universum. Viele Leute wohnen heute in Echo Park, Silver Lake oder Downtown LA – das sind eigene kleine Städte. Der Großteil dieser Debatten spielt sich dann doch in den Medien ab. Die Waldbrände waren in der Tat beunruhigend. Man wusste nie, wie der Wind sich entwickelt und ich kenne Menschen, denen das Feuer bedrohlich nahe gekommen ist.

Dein neues Album „Dead Start Program“ hast du Marcus Kaye (Marcus Intalex/Trevino) gewidmet. Im vergangenen Jahr ist er viel zu früh verstorben.
Wir waren uns sehr nah und sein Tod hat mich sehr beschäftigt. Das Coverdesign und der Titel tragen durchaus diese Stimmung. Mir ging es dabei vor allem auch darum, mit Dingen abzuschließen. Was Neues zu schaffen, weiterzumachen. Ich denke noch jeden Tag an ihn. Uns hat aber nicht nur die Musik verbunden. Durch Marcus bin ich auch zum Golf gekommen. Irgendwann haben wir nur noch Golf gespielt.

Als ich mal ein Interview mit Marcus geführt habe – es war ziemlich genau ein Jahr vor seinem Tod – da sprachen wir über Synthesizer und darüber, dass er genau einen hatte und ihn von Beginn an gehasst hat. Du bist ja eher für deine Leidenschaft für Synthesizer, Technik und Modularsysteme bekannt. Wie ging das bei euch zusammen?
Wir haben viel darüber gelacht. Wenn Marcus mal etwas nicht mochte und sich darüber echauffierte, dann war das endlos unterhaltsam. Er war einfach zum Schreien. Vielleicht hat er auch einfach nie den einen richtigen Synthesizer gefunden (lacht). Er war ein Verfechter des In-the-box-Prinzips. Es macht ja auch Sinn, Musik ausschließlich am Rechner zu produzieren. Mir geht es jedoch um Optionen. Das ist der Grund, wieso ich mit Hardware arbeite. Marcus hat mir dennoch jeden Tag einen neuen Song geschickt. Er war immer inspiriert und hat so viel Musik produziert, da war er wie eine Maschine. Sein technischer Ansatz zeigt aber auch, wie bescheiden er war und dieses Wettrennen um die tollsten und teuersten Geräte gar nicht mitspielen wollte.

Du spielt aber immer noch Golf?
Ja. Hier gibt es einige Plätze und ich kann dorthin und einfach ein paar Bälle schlagen. Marcus spielte ja schon sehr anständig. So weit bin ich noch nicht. Mir geht es gar nicht so sehr darum, ganze Spiele zu absolvieren. Das dauert ewig und kostet auch eine Menge Geld. Hier spielen aber viele normale Menschen Golf und, auf den Courts ist es auch nicht so elitär, wie man es sich vielleicht vorstellt. 15 Dollar für einen Nachmittag Bälle schlagen ist jetzt kein großer Deal. Man muss sich nicht aufbrezeln und auch keine Mitgliedschaft im Country Club beantragen. Das gefällt mir. Marcus und ich waren hier einige Male golfen, wir waren aber auch schon zusammen in Wales spielen. Jedes Mal, wenn ich irgendwo einen neuen Platz entdecke, denke ich nur, wie gerne ich ihn mit Marcus bespielen würde … Er fehlt mir sehr.

John Tejada Dead Start Program Cover

„Dead Start Program“ ist dein mittlerweile viertes Album auf Kompakt. Insgesamt hast du schon 13 veröffentlicht. Damals als 2011 „Parabolas“ erschien – dein erstes Album für das Kölner Label – meintest du noch: „Ach, mal gucken, wie sich das anlässt.“ Mittlerweile ist das eine Art Heimat geworden.
Das war damals schon nichts komplett Ungewöhnliches, zumal Deutschland schon immer eine wichtige Rolle in meiner Musiklaufbahn gespielt hat. Ich habe von Beginn an mit deutschen Labels und Firmen gearbeitet und der Großteil derer, die meine Musik interessiert, stammt ebenfalls von dort. Es ist für mich einfach ein Land, das Musik sehr liebt. Ich hätte auch mit anderen Labels in anderen Ländern arbeiten können. Aber bei Kompakt hatte ich am ehesten das Gefühl, mich künstlerisch frei ausdrücken zu können und so ist es heute immer noch. Hier redet mir keiner rein. Umso mehr ich mein Ding mache, desto mehr lieben sie es eigentlich. Für mich ist es wichtig, Unterstützung dafür zu bekommen, kreativ zu sein. Es geht ja nicht mehr um ein Produkt, weißt du?

Nach so einer langen Karriere, was bedeutet Techno überhaupt noch für dich?
Überall auf der Welt bedeutet Techno etwas anderes. Für mich ist geht es nach wie vor darum, unbekanntes Territorium zu erkunden. Techno ist noch immer ein Musikuniversum, das mittlerweile aber auch mit Oldschool-Ideen zusammen hängt. In meinem Kopf existieren natürlich die 80er und 90er, aber das mit dem Heutigen zusammenzubringen, das ist das, was Techno für mich darstellt.

Was sagst du jenen, die monieren, dass Techno nach 25 Jahren langweilig und schon längst durchgespielt ist?
Da bin ich fein mit. Leute reden so, wenn Techno für sie gleichbedeutend mit einem Buzzword oder Trend ist. Die Musik, die ich unter Techno verstehe, ist wahrscheinlich eine gänzlich andere als Kritiker darunter verstehen. Aber wenn eine Sache einmal groß und tausend Mal kopiert wurde, dann kann ich schon nachvollziehen, dass da einige Langeweile empfinden. Ich bin auch keiner der sagt: Techno ist ein Lifestyle! (lacht)

Wieso nicht?
Es ist Lifestyle, wenn du in jungem Alter in einer Punkband bist, Anarchie propagierst und kontrovers sein möchtest. Ich sehe da aber noch immer einen Unterschied zur Musikkultur des Techno. Und ich meine auch die Musikkultur. Da spielt die Attitüde oder exerzierter Lebensstil für mich keine so große Rolle.

„Bis heute hat sich meine eigene Musik selten nach wirklicher Arbeit angefühlt. Deshalb mache ich sie vielleicht noch.“

Wie sieht bei dir das Verhältnis Musik und Arbeit aus? Du warst schon immer sehr produktiv. Da baut man doch Routinen auf, wird mit fortschreitendem Alter professioneller, abgeklärter.
Arbeit wird es dann für mich, wenn ich in Flughäfen Zeit totschlagen muss, Auftragsarbeiten im Bereich Sounddesign habe oder Remixe abliefern muss. Wenn ich aber Tracks für meine Alben mache, dann fühlt sich das noch immer nach Freizeit an. Ehrlicherweise kann aber auch das lästig werden, vor allem wenn es mal nicht gut läuft. Da muss man drauf reagieren, weil es nicht gut für die Musik ist. Ich nehme mir aber immer noch bewusst Zeit für meine eigene Musik. Die Grenzen zwischen typischen Jobs und der eigenen kreativen Arbeit verschwimmen manchmal, aber bis heute hat sich meine eigene Musik selten nach wirklicher Arbeit angefühlt. Deshalb mache ich sie vielleicht noch.

Für mich stellt heute gerade Social Media eine Sache dar, die Musik machen bzw. das ganze Drumherum schnell nach doofer Arbeit anfühlen lässt. Wie ist es bei dir? Nötiges Übel oder auch Spaß, weil man mit Fans interagieren kann?
Ich kann noch gut Zeiten erinnern, wo all das überhaupt kein Thema war, geschweige denn existierte. Aber bei Facebook erreiche ich doch niemanden mehr, es sei denn, ich zahle viel Geld dafür. Ich finde nichtmal, dass Facebook dir erlaubt, mit deinen Fans zu interagieren, vielmehr blockiert es deine Kommunikation. Ich verweigere mich dem ja nicht und habe auch meinen Spaß damit. Instagram erscheint mir da fast noch persönlicher. Aber whatever. Jemand hat mal eine offizielle Facebook-Seite unter meinem Namen geführt und wollte sie nicht hergeben. Es hat viel Nerven gekostet, bis es endlich soweit kam, dass das Label es einrichten konnte, dass wir den Account übernehmen konnten. In heutigen Zeiten sind Medien eine gemischte Tüte. Es gibt positive Aspekte, aber auch viel Noise. Auch wenn es in meinem Leben keine große Rolle spielt, weiß ich, dass es anderen Menschen wiederum sehr wichtig ist.

Es wird Künstlern quasi unmöglich gemacht, ohne auszukommen.
Sucht spielt da auch eine wesentliche Rolle.

John Tejada hell portrait

Du bist für deine Liebe zu modularen Synthesizern bekannt. Es gibt philosophische Grundsatzdiskussionen, wieso modulare Synthesizer nun super sind oder nicht. Du meintest mal in der Dokumentation „I Dream of Wires“, dass dir daran gefällt, dass man sich damit etwas Persönliches aufbaut. Wie hat man das zu verstehen?
Ich bin damals über Justin Maxwell zu modularen Synthesizern gekommen und anfangs haben sie nur eine kleine Rolle gespielt. Ich hatte noch immer mein Studio voller Keyboards. Aber es wurde in der Tat mit der Zeit zu einer immer persönlicheren Angelegenheit. Man kann viel individualisieren, unmögliche Dinge ausprobieren. Ich achte dabei aber darauf, den Park übersichtlich und kompakt zu halten.

Bei dir gibt es aber weiterhin beides im Studio?
Dazu kommen ein SH-101 und noch ein paar andere Roland-Synthesizer. Das war’s dann mehr oder weniger. Ich komme eigentlich immer besser klar, wenn mein Setup möglichst klein ist. Ich bin keiner, der stundenlang an Bass-Patches rumbastelt.

Ist es schwer, sich von Synthesizern zu trennen, um ein schlankes Studio zu behalten?
Sehr viele befinden sich noch versteckt in meinen Kleiderschränken (lacht). So richtig verbannt habe ich sie daher nicht.

Du hast seit kurzem ein gemeinsames Musikprojekt mit Reggie Watts. Es heißt Wajatta.
Genau. Der Name Wajatta ist aus unseren Nachnamen Watts und Tejada entstanden.

Reggie Watts ist in den USA ja schon eine große Nummer.
Da sagst du was. Man muss aber erwähnen, dass Reggie, bevor er als Comedian bekannt wurde, schon immer Musiker gewesen ist. Er hatte viele Bands und Reggie liebt Dance Music. Er war in Berlin, um sich mit den Szenen dort auseinander zu setzen – ein richtiger Techno-Head. Ich traf ihn das erste Mal nach einem Set von mir hier in Los Angeles. Er kannte meine Musik, wusste aber gar nicht, dass ich aus L.A. bin. Das war vor etwa einem Jahr. Wir haben gequatscht, Nummern ausgetauscht, sind aber erstmal nicht davon ausgegangen, dass wir zusammen Musik machen würden. Nach einiger Zeit landete er irgendwann dann aber doch bei mir im Studio und so fing das an. Die ersten drei Songs sind superschnell entstanden, auch weil Reggie einfach sehr schnell ist. So was habe ich noch nie erlebt. Er hat eine Gabe, spontan die richtigen künstlerischen Entscheidungen zu treffen. Das ließ sich alles gut an. Plötzlich hatten wir ein Album mit zwölf Songs zusammen, das demnächst erscheint und die ersten Liveshows sind auch schon gebucht.

Allister Ann Wajatta

Wajatta (Regie Watts und John Tejada) | Foto: Allister Ann

Zwei Alben, die in so kurzer Zeit veröffentlicht werden – das ist ziemlich ambitioniert.
Ja, eigentlich eine schlechte Idee. Ich weiß. Allerdings finde ich das jetzt auch nicht so problematisch. Es ist einfach so passiert. Es hat uns viel Spaß gemacht und wir sind gespannt, was daraus noch wird. Vor allem auf die Liveshows bin ich gespannt.

Was erwartest du?
Reggie arbeitet viel mit live gesampleten Loops, die er sukzessive übereinander schichtet. Das Schöne ist, dass unsere Aufgaben gut voneinander getrennt sind. Vielleicht macht das so vieles einfacher. Was uns wirklich wichtig ist, dass wir da komplett frei an die Sache rangehen und uns beide zu gleichen Teilen reinbringen.

Da aber Reggie nun am Ende aber doch als Comedian berühmt ist: Wie gehst du damit um? Ohne dir was unterstellen zu wollen, aber du bist nun alles andere als ein rampensauiger Bühnenclown.
Ich mag schon Stand-up, gucke mir auch Sachen an. Dennoch denke ich, dass die Leute eine Musikshow erwarten. Auch weil Reggie ein so renommierter Musiker ist. Die erste Single „Runnin’“ zeigt ja, was es in etwa zu hören gibt. Reggie liebt einfach Clubs. Er möchte Menschen zum Tanzen bringen. Wir haben darüber gesprochen, ob wir zwischen den Tracks Pausen machen, damit er witzige Ansagen machen kann. Aber er winkte nur ab: Wir machen hier Tanzmusik, also ist das Set auch durchgängig.

Das würde ich mir nur zu gerne angucken.
Wir hoffen, dass wir damit auch nach Europa kommen. Das ist die große Intention. Das ist vor allem für Reggie weit mehr als nur ein kleines Seitenprojekt. Ich könnte mir das Programm gut in Clubs wie der Londoner Fabric vorstellen. Da gäbe es eine passende eine Bühne. Wir sind beide trotz unserer vollen Terminpläne sehr motiviert.

Welche Rolle spielt HipHop bei dem Projekt? Da habt ihr beide ja einen Background.
Mit Sicherheit. Abseits der Musik haben wir ebenfalls einige Gemeinsamkeiten. Reggie ist in Stuttgart geboren, ich in Wien. Seine Mutter ist Französin, mein Vater ist Österreicher. Es gibt da quasi gemeinsame europäische Wurzeln, das verbindet auf eine ganz spezielle Art und Weise. Was war die Frage noch mal?

HipHop.
HipHop ist für mich immer noch ein wichtiger Einfluss. Selten bekomme ich die Möglichkeit, meine wirklich weirden HipHop-Platten aufzulegen. Vielleicht mache ich das vor unseren Wajatta-Livesets als Warm-up. Das hatten wir mal überlegt. Mich beeindruckt halt immer wieder, wie Menschen Technologien benutzen, die eigentlich für was anderes bestimmt waren. Das ist bei Techno ja nicht anders. Bei Wajatta gibt es einige Tracks, die fast als HipHop durchgehen würden. Aber mittlerweile gibt es von HipHop auch derart unterschiedliche Wahrnehmungen – vielleicht meinst du ja was ganz anderes, wenn du von HipHop sprichst. So Sachen wie Kendrick und Drake. Das ist für mich, als würde man eine alte Planet E mit einer neuen Ostgut vergleichen. Da liegen Welten dazwischen.

Interessieren dich dennoch aktuelle Sachen wie Drake, Migos und Kendrick Lamar?
Nur wenn sie vintage klingen! (lacht) Die letzte A Tribe Called Quest fand ich gut. Aber ehrlich, mit den modernen Sachen kann ich mich nicht so richtig connecten. Hör dir alte Tracks von Ice-T an. Da gibt es eine 808 und eine 303 – das war für mich die Verbindung zu Techno und vice versa. Heute klingen für mich viele Rap-Sachen so seltsam verzweifelt.

Man erzählte mir, dass du oft und regelmäßig ins Kino gehst. Macht das irgendeinen Unterschied, wenn Hollywood quasi vor der Haustür ist?
Beverly Hills und Hollywood – das hatte ich ja bereits angedeutet – sind ein eigener Kosmos. Und wenn man ins Kino geht, dann spielt das kaum eine Rolle. Aber manchmal denkt man sich schon, ob man auf dem Weg ins Kino an irgendeinem vorbei läuft, der an dem Film beteiligt gewesen ist, wenn nicht sogar mitgespielt hat. Das kann ja passieren. Wir gucken auch mal doofe Blockbuster, aber eigentlich interessieren wir uns mehr fürs Indie-Kino. Meine Frau und ich gehen mit Sicherheit häufiger ins Kino als jeder andere Mensch, den wir kennen.

Wie oft?
Kommt drauf an. Manchmal kommen auch einfach keine interessanten Filme. Aber einmal die Woche ganz bestimmt und manchmal auch mehrfach die Woche.

Im Zeitalter von Netflix und HBO ist das schon konsequent.
Ich verstehe es einfach nicht, wenn Leute Kinofilme auf dem Telefon angucken. Ich bin ja mit Kinos aufgewachsen und weiß, was man mit einer großen Leinwand und guten Soundanlage schaffen kann. Für mich gehört das zum Filme gucken dazu. Auf dem Laptop kann ich das nicht genießen. Als ich klein war, gab es ja quasi keine andere Möglichkeit Filme zu sehen. So wird das zu einer Routine: Oh, schon wieder Freitag. Zeit ins Kino zu gehen. Das macht mir Spaß. Aber wenn man dieses Gefühl nicht kennt, wieso sollte man ins Kino gehen? Da aber die meisten Filme fürs Kino gemacht worden sind, finde ich es nur logisch die auch im Kino anzugucken.

Da geht es auch um Erfahrungen. Das ist bei Musik nicht anders.
Ein Regisseur würde sich doch die Haare raufen, wenn er in mein Wohnzimmer käme und sieht, mit was für einer Anlage ich mir sein Werk angucke. Ich kann mir für meine Musik ja auch nichts schlimmeres vorstellen, als dass sie über klapprige Earbuds in dein Ohr brüllen. Ich finde, dass der heutige Anspruch, dass Musik überall gut klingen muss, dafür sorgt, dass man zu viele Kompromisse eingeht. Man quetscht die Musik zu Tode aus. Es wird laut komprimiert, damit Tracks auch auf dem Handy gut klingen. Das ist, als würde man nur in GROSSBUCHSTABEN schreiben. Eine halbwegs gescheite Anlage zum Musik hören, wieso nicht? Als „Interstellar“ herauskam, der auf IMAX gedreht wurde, habe ich über einen Freund erfahren, wie akkurat IMAX-Kinos extra für den Film eingestellt wurden. Man hat da viel Zeit und Mühen in die Anpassung von Bild und Ton investiert, damit der Film auch ja so gespielt wird, wie sich das Christopher Nolan vorgestellt hat. Das finde ich cool und aufregend und das möchte ich dann auch so sehen – und nicht ein Jahr später auf dem Tablet.

John Tejada bw

Wie sehen deine Ambitionen für Filmsoundtracks aus?
Ich finde das ohne Frage spannend. Aber die Szene ist am Ende ziemlich klein und ohne persönliche Kontakte ist es quasi unmöglich in diese Zirkel reinzukommen.

Vor Jahren gab es hier in Berlin mal einen LA-Hype. Einige DJs sind nach Kalifornien gezogen, Native Instruments hat ein Büro eröffnet. Was ist daraus geworden?
Hier ist in der Tat einiges passiert. Viele Promoter von der Ostküste und Europa machen Veranstaltungen hier. Ich habe schon immer hier gelebt, aber die Entwicklungen gerade sind spannend. Es passieren viele kreative Dinge, nicht nur was die Musik anbetrifft. Als ich in den 90ern angefangen habe, gab es hier so gut wie gar nichts. In den 00er-Jahren habe ich die Stadt dann auf eine Art und Weise neu kennengelernt. Viele interessante Firmen und Talente sind hierhin gezogen und das begrüße ich. Ich würde mich freuen, wenn aus LA ein künstlerischer und kultureller Knotenpunkt wird, der in der Welt respektiert und wahrgenommen wird. Die Diversität und das Potential sind groß.

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