Wochenend-WalkmanDiesmal mit Brecon, Julee Cruise und PH17

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Jeden Samstag haben wir drei Platten für euch – zumeist drei Tipps, mindestens aber drei Meinungen. Brandneu, wieder entdeckt oder aus der Geschichtskiste ausgebuddelt. Heute mit Brecon, Julee Cruise und einer Label-Compilation aus dem Hause PH17.

Brecon Cairn Walkman 20180825

Brecon – Cairn

Benedikt: Bislang fehlt mir jeder Bezug zu den Künstlern Joe Farr und Will Brown, die letzte Woche mit dieser EP als Brecon auf MESH debütiert haben, dem Label von Max Cooper. Das ist ab sofort anders, „Cairn“ wird mit fettem Edding 800 ins Release-Gedächtnis des Jahres 2018 eingetragen. UK ist die unverkennbare, musikalische Heimat der beiden Künstler – und Ausgangsbasis der EP mit ihren obenrum blechern klappernden Percussions und dem unten tief bassigem Unterbau. „Cairn“ fährt langsam an, ohne wirklich langsam zu sein, strahlt eine unglaubliche Ruhe aus auf Patterns, die aus anderer Hand pure Hektik bedeuten würden. „Erode“ ist der technoide Höhepunkt, dessen bittersüße Melodie einen sanft über brachiale, rauschende Drums gleiten lässt. Dann greift Dubstep-Zerhackstückelung Raum und die Sanftheit kommt an ihr industrielles endgültiges Ende. Eine wunderbare Abfahrt auf sechs Tracks, die gern ein zweites Mal durchlaufen dürfen.

WWalkman-Julee Cruise

Julee Cruise – Three Demos

Thaddeus: Angelo Badalamentis Soundtrack zur Fernsehserie „Twin Peaks“ hat eine ganze Generation geprägt, und die Stimme von Julee Cruise somit auch. Ihre Zusammenarbeit mit dem Filmemacher David Lynch setzte perlende Akzente, und die Auftritte in besagter Serie sind noch heute der pointierte Backdrop für das surreale Setting, das mit dem Tod von Laura Palmer beginnt. Cruises Gesang kann man wohl ätherisch nennen und passte wunderbar auf die einfachen Synth-Figuren von Badalamenti und die Texte von Lynch: in aller Ruhe, die ja manchmal auch ordentlich krachte. Dieser Release hier ist eine ausgesprochen nerdige Angelegenheit. Die 12" beinhaltet drei Demos, die den Beginn der Zusammenarbeit einfangen und dokumentieren. Faszinierend ist dabei vor allem, wie unfertig die spätere Perfektion hier stellenweise noch klingt, was den Mythos in keiner Weise entzaubert, sondern vielmehr noch weiter anfacht. Man wäre gerne dabei gewesen, bei der Entstehung dieses so unwirklich-kitschigen Sound-Entwurfs, der einen bis heute auch ohne die Bilder noch sehr schnell sehr weit runterzieht, in die Gefilde, die Lynch als Regisseur sowieso immer kongenial gekitzelt hat. Da merkt selbst der Nerd ganz schnell: Das Emphatisch-Breitwandige funktioniert auch als 4-Spur-Variante. Vielleicht sogar noch besser – nicht nur wegen des Brummens und Zischelns.

PH 17 02

Various Artists – Second Wave

Ji-Hun: Eigentlich ist es eher Zufall, dass unser letztes Filter Tape so zeitnah mit der neuen Veröffentlichung des Leipziger Labels PH17 zusammen geht. Allerdings auch kein Grund, „Second Wave“, die dritte Veröffentlichung, hier im Walkman nicht kurz zu featuren. Die Tracks von S.Olbricht and Ábris Gryllus, Stanley Schmidt, M.E.S.H., Privacy, Relaxer und DJ Mantis zeigen den Ansatz des Labels nämlich wunderbar auf. Man versucht, den Code des Dancefloors zu dekonstruieren, EBM, Breakbeats, Ambient, Techno gleichsam eine Rolle spielen zu lassen. Verkrampft modernistisch ist es aber dennoch nicht. Zentrum ist vielmehr eine Energie, die mit Hang zur Brachialität alles andere als steril-chirurgisch abstrahlt. Es slammt und brummt wie ein riesiges Waldmonster in einem Miyazaki-Film. Mir persönlich gefällt das ausgesprochen gut. Die DNA des Clubs ist in allen Tracks zu finden, es ist auch (finde ich) ausgesprochen tanzbar, nur eben nicht durchgekaut, abgekartet oder gar Techhouse-Cake-Me-tauglich. Eine konsistente und zugleich kurzweilige Compilation mit einer durchgängig ansehnlichen sichtbeton-grauen Schönheit. Dass DJ Mantis am Ende auch noch die zappelige Trance-Keule auspackt, kann man daher nur feiern. Der Bonustrack hat es auch in sich.

Generation Y: Übers Denken ans „Später“Advertorial: FOURMORE. Ein Zukunftsprodukt der Allianz.

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